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Sicher, grün, inklusiv: Feministische Parks für mehr Teilhabe

Mit dem Feminist Park Collective arbeitet Halina Rachelson daran, dass Parks und öffentliche Räume für alle sicher und zugänglich sind. Feministische Parks möchten die Bedürfnisse aller berücksichtigen, insbesondere von Frauen und marginalisierten Gruppen. Halina selbst hat viele Jahre in Miami gelebt, einer sehr autozentrierten Stadt. Als Teenager verbrachte sie ein Jahr in Berlin als Austauschschülerin und erkannte, wie viel Berlin zu bieten hat: Grünflächen, Radfahrfreundlichkeit, und Freiheit für junge Menschen. Doch auch in Berlin gibt es noch einiges zu verbessern, damit Parks sicherer und nutzbarer für alle werden.

Was macht einen Park inklusiv oder eben nicht?

Ein inklusiver Park, im Einklang mit den Zielen des Feminist Park Collective, geht über traditionelle Sicherheitsmaßnahmen wie mehr Polizei, Zäune und Kameras hinaus. Unser Ziel ist es, einen Raum zu schaffen, der allen Menschen offensteht und in dem sich jede Person sicher und frei fühlen kann, indem wir auf solche einschränkenden Sicherheits-vorkehrungen Sicherheitsvorkehrungen verzichten und stattdessen gemeinsam durch Community, Bildung, feministische Interventionen und Aware-ness Sicherheit erschaffen.

Dadurch fördern wir soziale Interaktionen und unterstützen die Vielfalt der Nutzerinnen, während ein feministischer Park Raum für kulturelle Ausdrucksformen und natürliche Vielfalt bietet, indem er Gemeinschaften aktiv einbezieht und ihre Bedürfnisse berücksichtigt. Sicherheit ist dabei ein zentraler Punkt, wobei flächendeckende Beleuchtung nicht immer die beste Lösung darstellt, da sie Kompromisse mit Umwelt-aspekten (wie der Ruhe von Tieren) eingeht. Stattdessen könnten Awareness-Gruppen vor Ort eine nachhaltigere Option darstellen, indem sie den Raum sicher navigieren und Frauen sowie FLINTA* den Zugang bei Dunkelheit ermöglichen, während sie die Natur schützen.

Jeder Raum ist einzigartig, weshalb eine gründliche Analyse erforderlich ist, um passende Lösungen zu finden. Außerdem ist es wichtig, dass Aktivitäten und Annehmlichkeiten im Park nicht nur auf ein Geschlecht oder eine spezifische Zielgruppe ausgerichtet sind. Sportplätze und andere Einrichtungen sollten so gestaltet sein, dass sie für alle zugänglich sind und Frauen aktiv an den Aktivitäten teilnehmen können, anstatt nur passive Zuschauerinnen zu sein. Es geht also nicht nur um das physische Design, sondern auch um die Programmgestaltung und Beteiligungsprozesse, um eine inklusive Umgebung zu schaffen. In der Raumplanung gibt es unterschiedliche Dimensionen der Gerechtigkeit, das spielt hier schon mit rein.

Was sind die Dimensionen der Gerechtigkeit?

Verteilungsgerechtigkeit berücksichtigt, wie Vorteile verteilt werden und die Zuteilung von Vorteilen: Wenn du einen Raum planst, aber dort nur Fußballplätze einrichtest, werden eher die – jungen und aktiven – Männer im Verteilungsprozess berücksichtigt. Verfahrensgerechtigkeit berücksichtigt den Planungsprozess als Ganzes: Wie sieht der Prozess aus und wer ist beteiligt? Sind überhaupt Frauen an der Planung des Raums beteiligt? Wenn nicht, werden deine Ergebnisse dies widerspiegeln. Und dann gibt es Anerkennungsgerechtigkeit: Fühlt sich die Gemeinschaft so, als ob ihre Bedürfnisse erfüllt werden? Dies beinhaltet zum Beispiel auch Aspekte der Gentrifizierung: Wenn du Menschen in den Prozess einbeziehst, fühlen sie sich bei den Veränderungen, die in der Stadt stattfinden, mehr berücksichtigt. Im Bereich der Stadtplanung gibt es unterschiedliche Ebenen der Beteiligung der Community.

Kannst du mehr dazu sagen?

Ja, hier gibt es Arnsteins Leiter der Bürgerbeteiligung, was ein cooles Modell für Bürger:innenbeteiligung ist. Auf der niedrigsten Ebene versuchst du nur, die Gemeinschaft zu besänftigen. Du lädst sie ein, lässt sie aber nicht sprechen. Je höher es geht, desto mehr Kontrolle hat die Gemeinschaft, sie werden zu aktiven Akteuren im Prozess. In Kanada gibt es verschiedene Arten von Studiengängen der Stadtplanung. Der in Toronto ist eher ein Raumplanungsprogramm, wo du wirklich das technische Design lernst. Es ist fast wie Architektur. Mein Programm in Vancouver war ganz anders. Das liegt daran, dass Vancouver auf indigenem Land liegt. Es ist in der Planung also sehr wichtig zu berücksichtigen, wem das Land gehört. Gemeinschaften zu konsultieren ist eine sehr wichtige Sache. Daher ist es ein sozialeres Stadtplanungsprogramm. Und wir hatten tatsächlich viel mehr weibliche Studierende als in anderen Programmen, was interessant ist.

Was müsste man ändern?

Es ist klar, dass wir mehr Finanzmittel für Gemein-schaftsprojekte benötigen, ebenso wie für die entsprechende Forschung. In der Berufswelt selbst brauchen wir dringend mehr FLINTA*. Eine diver-sere Berufslandschaft würde uns helfen, ge-schlechtssensible Richtlinien, Designansätze und Beteiligungsrichtlinien zu entwickeln. Einheitslösun-gen sind hier nicht zielführend. Stattdessen sind maßgeschneiderte Richtlinien und Rahmenwerke erforderlich, die auf spezifische Nachbarschaften angepasst werden können. Letztlich sind es die Gemeinschaften selbst, die diese Entwicklungen vorantreiben, weshalb Programme zur Einbindung der Community von großer Bedeutung sind. Gene-rell trägt die Gestaltung von Räumen abseits der Autofahrten – ein politischer Akt an sich – dazu bei, eine feministischere Stadt zu schaffen.

Wie können wir feministische Parks erreichen?

Auch in der Stadtplanung brauchen wir breite Koalitionen, bei denen nicht nur jede:r für sich arbeitet, sondern alle zusammen: Mieter:innen- und Mieterschutzorganisationen, öffentliche Sicherheitsgruppen, Migrant:innen- und Frauenrechtsgruppen, Stadtplaner:innen. Gemeinsam kann man mehr Druck ausüben und den Dialog voranbringen. Wir müssen mit dem Dialog beginnen, und dann wird die Politik folgen. Gleichzeitig bin ich natürlich realistisch und weiß, dass dies schwierig ist. Doch schaffen wir Orte, an denen Frauen frei und sicher durch grüne Stadtoasen wandeln können, so erhebt sich die gesamte Gesellschaft im Einklang. Genau das will das Feminist Park Collective verwirklichen.

Das klingt gut – Hast du Beispiele für Städte, die tatsächlich eine feministischere Umgebung schaffen?

Barcelona ist ein wirklich gutes Beispiel. Wenn man sich das Gitterlayout der Stadt ansieht, merkt man, dass es sehr durchdacht gestaltet ist. Sie haben etwas gemacht, das als Superblock-Initiative bekannt ist, mit weniger Verkehr und mehr Grün. Ich konnte beobachten, wie sich Menschen in diesen Räumen bewegen, damals in einem Universitätsprogramm. Wir haben in vierstündigen Schichten beobachtet, wer sich im Raum befindet, was die Menschen tun, und versucht, eine Handreichung für die Stadt zu erstellen, um auch zu aufzuzeigen, welche Räume untergenutzt sind. Es zeigte sich, dass es wirklich viel wert ist, diese Räume für Menschen zu haben, es finden dort sehr viele Aktivitäten statt. Von Barcelona ist es ein sehr fortschrittlicher Versuch, sich vom Auto zu entfernen und mit dieser Art von öffentlichen Räumen zu experimentieren. Einige dieser Räume könnten vielleicht sogar noch in kleine Parks oder Pollengärten umgewandelt werden.

Es klingt leider unwahrscheinlich für Länder wie Deutschland, sich vom Auto zu entfernen. Welche anderen Länder oder Städte machen dann einen guten Job?

Ja, ich denke, die Auto-Dominanz ist ein besonders deutsches Problem. Andere Städte wie Vancouver machen zum Beispiel das Parken teurer. Wien ist auch ein Ort, der als fortschrittlich in der Stadtentwicklung gilt, wie zum Beispiel beim städtischen Wohnen. Viele lateinamerikanische Länder versuchen derzeit, bessere Lösungen für die Städte umzusetzen, da viele von ihnen ziemlich hohe Femizidraten haben. Ich bin mir nicht sicher, ob Japan wirklich als inklusiveres Land qualifiziert: Es ist allgemein ein sicheres Land, aber kulturell sehr geschlechtsspezifisch geteilt. In der U-Bahn haben sie beispielsweise während der Stoßzeiten ein Abteil, das nur für Frauen ist.

Was aber nur daher stammt, dass Frauen nicht sicher sind.

Das stimmt. Es ist eine weitere dieser Maßnahmen, bei denen man nicht versucht, das Verhalten der Männer zu korrigieren, sondern die Symptome, anstatt die Ursache bekämpft. Aber zurück zu Deutschland oder insbesondere Berlin. Es ist allgemein ein sicherer Ort für Frauen mit vielen Möglichkeiten und vielen Positivbeispielen. In Kreuzberg habe ich einen Kräutergarten von Frauen mit Migrationshintergrund besucht. Ich habe dort in einem Projektworkshop etwas Gartenarbeit mit ihnen gemacht, und ich denke, das ist ein großartiges Beispiel in Berlin, wie man einen Grünraum von Frauen für Frauen transformieren kann und diesen interkulturellen Austausch ermöglicht. Es sind nicht nur weiße Frauen gewesen, sondern es ist ein sehr intersektionales Projekt. Im Workshop waren einige junge Mädchen und einige ältere Frauen, die Wissen austauschten. Sie wollen eine offene Kräuterapotheke machen.

Zum Schluss: Welche Merkmale für feministische Parks erfüllt der, in dem wir uns gerade getroffen haben?

Eine Sache, die man leicht beobachten kann, ist, dass es viele Sitzgelegenheiten gibt. Sie sind miteinander verbunden und nicht nur nebeneinander gestellt, nicht nur einzelne Bänke, sondern man kann Gespräche führen. Es gibt einen Bereich, in dem früher Autos parkten und wo jetzt Sitzmöglichkeiten mit schönen Holzkonstruktionen sind. Dieser Park ist auch ein gutes Beispiel für Jane Jacobs‘ Konzept „Eyes on the Street“. Sie war eine der bekanntesten Wissenschaftler:innen im Bereich Stadtgestaltung. Das Konzept besagt im Grunde, dass Anwohner:innen der Sicherheitsgarant sind. Sie beobachten alles, fast wie eine Oma auf dem Balkon. Es ist wichtig für Transparenz, und dieser Park ist sehr offen und transparent. Er ist nicht abgeschlossen, sondern offen gestaltet und mit der Straße verbunden.

Interessant. Was macht dieser Park sonst noch gut?

Obwohl dieser Park so klein ist, gibt es trotzdem Platz für Aktivitäten, in diesem Fall Tischtennis. Es ist eine Aktivität, an der viele verschiedene Menschen teilnehmen können. Ebenso nimmt es nicht zu viel Platz ein und kostet wahrscheinlich nicht so viel wie ein Fußballplatz. Daneben gibt es immer noch genug Platz für andere Aktivitäten, die man in öffentlichen Räumen sehen kann und die für viele verschiedene Kulturen und Geschlechter offen sind, wie Tanzen. In der Mitte gibt es einen Naturbereich. Wenn es dort Kräuter gäbe, wäre das auch sehr schön.

Dort steht auch ein Schild, das den Garten erklärt, sodass es sogar pädagogische Aspekte hat. Sie sind recht niedrig angebracht, damit auch Kinder sie sehen können, was alle Menschen einbezieht und aktiviert. Es gibt immer noch viel Kies, was sehr typisch für Berlin ist. Man könnte alles noch grüner gestalten, aber insgesamt ist es gut gemacht. Dass gerade ein Fuchs vorbeiläuft, während wir sprechen, ist ein großartiges Beispiel für Biodiversität in der Stadt.

Das sind viele positive Aspekte.

Und es gibt noch mehr. Wir haben einen Trinkbrunnen, wir haben eine Fahrradreparaturstation, was großartig ist, weil es das Radfahren in der Stadt fördert. Es gibt eine sehr schöne Statue von Frauen aus Korea, die sich direkt außerhalb des Parks befindet, die dich in den Park zieht und als Erweiterung des Parks wirkt. Eine Initiative organisiert hier manchmal Veranstaltungen. Es ist also auch sehr intersektionale Kunst.

Gibt es noch etwas, das dieser Park verbessern könnte?

Es gibt einen kleinen Bereich in der Mitte, der nachts ein wenig beängstigend sein könnte, weil er recht dunkel ist. Aber ein größeres Problem gibt es tatsächlich, nämlich öffentliche Toiletten. Das ist ein großes Problem, nicht nur hier. Eine kompostierbare Toilette wäre schön. Es mag Wunschdenken sein, aber ich denke, die Menschen im Viertel würden sie größtenteils gut behandeln.

Zum Gespräch:

Für das „I,Woman – ein SDG-Perspektivwechsel“-Projekt von Tutmonde e.V. haben zwei unserer Redakteur:innen 17 Gespräche mit 17 FLINTA* – hauptsächlich mit Ostdeutschlandbezug – zu den 17 UN-Sustainable Development Goals geführt. Das Gespräch mit Halina über das Feminist Park Collective und feministische Parks fand mit Bezug auf SDG11 – Nachhaltige Städte und Gemeinden statt. Alle 17 Gespräche zum Nachlesen gibt es hier.

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