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Soziale Ungerechtigkeit ist politisch gemacht – Berlins Wohnungsmarkt in Zahlen

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Kaum irgendwo sieht man das anschaulicher und gleichzeitig dringlicher als beim Thema Wohnraum. Ein Blick auf Berlins Wohnungsmarkt in aktuellen Zahlen.

1. Für Menschen mit geringem Einkommen sind 95 Prozent der auf Berlins Wohnungsmarkt angebotenen Mietwohnungen zu teuer.

Menschen mit unterdurchschnittlichen Einkommen können sich derzeit nur etwa jede zwanzigste Wohnung zur Miete leisten, die auf dem Berliner Wohnungsmarkt inseriert wird. Insbesondere bei Gruppen mit besonderen Bedarfen ist die Schere zwischen Angebot und Nachfrage am größten. Für Menschen, die mindestens auf barrierearmen Wohnraum angewiesen sind, gibt es eine Versorgungslücke von 57.000 Wohnungen.

2. Auch Durchschnittsverdienende können sich nur etwa jede vierte der angebotenen Wohnungen von Berlins Wohnungsmarkt leisten.

Immerhin: Bei Wohnungen im Bestand wird der größte Teil zu Preisen vermietet, die sich Normalverdienende leisten können. Das ist aber nur bedingt eine gute Nachricht, da Berlins Einwohnendenzahl wächst stetig, während der Neubau von Wohnungen zurückgeht. So finden auch diejenigen, die derzeit vielleicht in einem bezahlbaren Wohnverhältnis wohnen, aber aufgrund von Familienänderungen umziehen müssen, auch keine Wohnungen mehr. Viele Menschen trauen sich schlicht nicht mehr, umzuziehen.

Berliner Wohnungen im Kreuzberger Abendlicht

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3. 2024 haben die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin fast 1.000 Wohnungen weniger gebaut als noch 2023.

Unter den 3.461 von den Landeseigenen fertiggestellten Wohnungen in 2024 waren nur 906 Sozialwohnungen. Das bleibt weit hinter den vereinbarten 50 Prozent Sozialwohnungen zurück. 2023 haben die landeseigenen Gesellschaften immerhin noch mehr als 4300 Wohnungen gebaut. Aber auch das war natürlich lange nicht ausreichend. Denn derzeit fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als dass neue hinzukommen. Keine privatwirtschaftliche Wohnung würde Wohnberechtigungsscheinwohnungen bauen. Die Landeseigenen müssen dem zwingend nachkommen, um den Berliner Wohnungsmarkt zu entlasten. Dass sie es nicht tun, ist eigentlich ein ziemlicher Skandal.

4. Bis Februar 2026 wollen die landeseigenen Wohnungsunternehmen in jeder dritten ihrer Wohnungen die Miete erhöhen.

Auch das hilft der angespannten Lage auf Berlins Wohnungsmarkt natürlich gar nicht. Viele Menschen müssen bereits ab September mit Mietsteigerungen rechnen. Gleichzeitig betont der Senat, er wolle den Mietmarkt entspannen. Das geht nicht zusammen – und trotzdem steht der schwarz-rote Senat zu den Erhöhungen.

Kreuzberger Fassaden

5. Gleichzeitig: In Berlin stehen derzeit 1,6 Millionen Quadratmeter Bürofläche leer.

Das ist weit mehr als doppelt so viel wie noch vor drei Jahren. Und der Leerstand wird wohl weiter ansteigen, da noch weitere Büroflächen gebaut werden. Auch dies werden Flächen sein, die Berlins Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen werden. Besonders perfide: Ein Mikro-Apartment-Modell auf den leeren Büroflächen könnte sich bewehren, weil es besonders attraktiv für Vermietende ist. Viel Geld für kleine Wohnungen – Profit mit dem Wohnungsmangel und dem Leid vieler.

Mitte-Wohnungsquerschnitt

Immerhin: Knapp 60 Prozent der Berliner:innen haben im September 2021 mit dem Volksentscheid von Deutsche Wohnen & Co enteignen dem Ausverkauf der Stadt den Kampf angesagt.

Derzeit wird der Volksentscheid der Initiative in ein rechtssicheres Gesetz gegossen. „Private profitorientierte Immobiliengesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, werden nach Artikel 15 GG enteignet, um ihre Bestände in Gemeineigentum zu überführen“, schreibt die Initiative. Sollte dies gelingen, wäre es ein riesiger Präzendenzfall und ein riesiger Erfolg gegen den immer weiter fortschreitenden Ausverkauf der Stadt.

Mehr zu Wohnen auch hier (Gegen klassistische Sozialbau-Klischees), hier (zum Prinzip Mietshäusersyndikat) und hier (zum Kampf gegen Ferienwohnungen).

nochmal Kreuzberg
Neuköllner Look-Up

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