Die Ungleichheit nimmt zu, das politische Klima wird rauer. Gemeinsam mit der linken Boulevard-Zeitung revolte haben wir drei junge politisch aktive angehende Redakteur*innen gefragt, wie die neue CDU-Regierung ihre Arbeit für mehr soziale Gerechtigkeit, Antirassismus und Klimaschutz beeinflusst. So berichtet Steve über die Verschärfung der Aysl- und Abschiebepolitik, spricht über politische Gleichgültigkeit und appelliert: Wir haben doch in den Neunziger Jahren gesehen, wohin Hass und Rechtsradikalisierung führen. Soweit darf es nicht wieder kommen.
Mit Gleichgültigkeit weiter nach rechts
Ich bin nicht schockiert darüber, dass die Asylpolitik Deutschlands ein weiteres Mal verschärft wird. Das ist seit Jahren so. Ich bin aber sehr wohl schockiert über die Offenheit, mit der Union und SPD angekündigt haben, internationales Recht zu brechen. Selbst nach einem Gerichtsurteil macht man weiter wie zuvor – als wäre nichts gewesen. Das ist ein Ausmaß an Gleichgültigkeit, das mir Angst macht.
Dass ehemalige Freund*innen immer weiter nach rechts rücken und diese Abschiebepolitik auch noch gutheißen, trifft mich persönlich. Viele von ihnen wissen, dass auch mein eigener Vater abgeschoben wurde, als ich noch ein kleines Kind war. Er war jahrelang weg. Der deutsche Staat hat unsere Familie auseinandergerissen. Menschen, mit denen ich jahrelang über diese Erfahrung sprechen konnte, haben auf einmal immer offener Abschiebungen befürwortet. Menschen, mit denen ich früher über Polizeigewalt sprechen konnte, sind heute die Ersten, die Aktivist*innen die Polizei auf den Hals jagen – wegen Parolen, Palästina-Flaggen oder auch nur, weil sie auf Demos arabisch sprechen.

Mit Wut und Kampfgeist gegen Rechtsradikalisierung
Ich fühle Wut, weil die moralische Flexibilität weißer linker Menschen immer mehr zur Gefahr wird – für uns Rassifizierte. Ich traue weißen Menschen nicht mehr – grundsätzlich. Im Zweifel sind sie eben nicht auf unserer Seite, sondern fallen uns in den Rücken. Ich bin traurig, weil meine Heimat mir immer deutlicher vermittelt, dass sie Menschen wie mich, meinen Vater und meine migrantischen Freund*innen hier nicht haben will.
Ich werde kämpfen! Die immer bedrohlichere Rechtsradikalisierung ist für mich nicht abstrakt. Als Kind eines 90er-Jahre-Migranten weiß ich, wie gefährlich gesellschaftsfähiger Hass gegen Migrant*innen für unsere Communities ist. Das haben wir in Rostock-Lichtenhagen, Solingen und durch die NSU-Morde gesehen. In Remagen, wenige Kilometer von meiner Heimatstadt entfernt, marschieren jedes Jahr Nazis auf. Björn Höcke stammt aus meiner Heimat. Ich bin also mit Rechtsextremismus aufgewachsen.
Das ist es, wogegen wir uns wehren müssen. Also: Wehrt euch!
Zu dem ersten Text aus der Kollaboration von Claire über Zukunftsängste geht es hier.